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Ökonomie und Ökologie in der Logistik verbinden

In Bonn und Köln bietet VEMO-Logistik nachhaltige Lieferungen und Transporte an und setzt dazu vor allem Lastenräder ein. Wir sprechen mit einem der Gründer von VEMO darüber, wie viel auf ein Lastenrad passt, und wann es sich für Unternehmen lohnt, solche Fahrzeuge einzusetzen.

Interview mit Paul Schwarzelühr, Gründer von VEMO-Logistik

Was ist das Besondere an VEMO-Logistik?

Wir sind ein Logistikunternehmen mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Wir nutzen ausschließlich energie- und ressourcenschonende Fahrzeuge. Zusätzlich achten wir auf gute Arbeitsbedingungen, ein gutes Klima im Team.

Foto: Dominik

Aus welchen Branchen kommen eure Kunden?

Unsere Kunden kommen hauptsächlich aus den Branchen KEP (Kurier-Express-Paket), Lebensmittel, e-Commerce und Catering. 

Welche Logistikbedürfnisse haben eure Kunden, und welche Lösungen könnt ihr dafür anbieten?

Es geht unseren Kunden um zuverlässige Logistik mit hoher Qualität. Die Nachhaltigkeit unserer Lösungen spielt auch eine Rolle. Selbst die zentralsten Orte in Bonn können wir stressfrei und zuverlässig anliefern und das alles emissionsfrei.

Wie groß und schwer sind die Lasten, die ihr mit euren nachhaltigen Fahrzeugen transportieren könnt?

Wir liefern bis zu 3 Kubikmeter und 400 Kilogramm pro Fahrrad. Es gibt eigentlich fast nichts mehr, was nicht mit einem Lastenrad geliefert werden kann. Und wir wollen noch größere Dinge transportieren, deshalb sind wir Partner in einem Projekt eine neue Lösung zu entwickeln mit der wir 4 Kubikmeter Ladevolumen haben werden. Das Fahrrad geht im April in Bonn auf die Straße und hat fast so viel Volumen wie ein Mercedes Vito Transporter.

Foto: VEMO Logistik

Nachhaltige Lösungen sind leider nicht immer die günstigsten. Wie ist das bei euch?

Wir bieten wettbewerbsfähige Preise an, um zu zeigen, dass Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sich nicht ausschließen. Unsere Unternehmensstrategie ist aber nicht das günstigste Angebot zu machen. Wir wollen hohe Qualität abliefern, und wir bezahlen unsere Angestellten so, dass sie davon auch gut leben können. Der Beruf von Paketzusteller*innen, Kurierfahrer*innen etc. wird monetär nicht genügend wertgeschätzt und bedeutet oft ein Leben am Existenzminimum, trotz 40 Stunden Arbeit in der Woche. Das finden wir nicht fair und legen deshalb Wert auf hohe Qualität, gute Zustellerlebnisse und Nachhaltigkeit. Das muss sich dann auch im Preis widerspiegeln.

Viele Unternehmen haben den Eindruck, dass es für sie nicht möglich oder sehr schwierig ist, nachhaltige Logistiklösungen einzusetzen. Was sagst du dazu?

Es ist eine Umstellung und erfordert teilweise andere Prozesse. Es ist aber für die allermeisten Fahrten in der Stadt problemlos möglich. Was fehlt, ist das Wissen und der Mut etwas zu verändern. Es gibt Lastenräder, die vom Komfort einem Auto nahe kommen und so den Umstieg erleichtern. Ich kann nur allen Unternehmen empfehlen sich damit auseinanderzusetzen. Es geht ja nicht nur um Nachhaltigkeit, sondern auch um Kosteneffizienz. Ein Auto kostet mehr als 6 Mal so viel pro Kilometer. Für Unternehmen lassen sich da also Ökologie & Ökonomie sehr gut verbinden.

In Bonn sollen noch dieses Jahr die Fahrradstraßen markiert werden, in diesem Frühjahr wird auf der Adenauerallee die einspurige Verkehrsführung für den motorisierten Verkehr erprobt. Wie beurteilst du diese Vorhaben?

Wir begrüßen es sehr, dass Versuche unternommen werden die Verkehrssituation für alle Bonnerinnen und Bonner zu verbessern. Im Endeffekt geht es ja darum, dass wir uns alle gerne in der Stadt aufhalten wollen und gut und stressfrei zu unseren Zielen kommen. Ohne laute Geräusche, schlechte Luft oder Platzmangel. Trotz des starken öffentlichen Gegenwinds, sind wir überzeugt, dass das der richtige Weg ist und wir nicht mit der autozentrierten Politik der 70er Jahre in die Zukunft kommen.

In der öffentlichen Diskussion geht es oft um die Stausituation in Bonn. Stehen eure Fahrzeuge im Stau wie andere auch?

Unsere Fahrzeuge dürfen Fahrradwege benutzen, weshalb wir die Staus umfahren können. Beim Blick nach links fällt uns dann oft auf, wie viele Autos mit 1-2 Personen besetzt sind. Der Platzbedarf ist aber der von 15 Personen. Kein Wunder, dass es Staus gibt.

Die Mobilitätsbedürfnisse von Unternehmen sind sehr unterschiedlich. Was würdest du zum Beispiel einem Handwerksbetrieb empfehlen, der für die Anfahrt zu Kunden mehr Zeit benötigt als noch vor einigen Jahren?

Es kommt stark drauf an um was für ein Handwerk es geht. Viele Handwerker sind mit Transportern unterwegs, die vom Volumen nicht vollständig ausgelastet sind. Hier würden wir den Umstieg auf ein kleineres Fahrzeug, zum Beispiel ein E-Lastenrad empfehlen. Werkzeuge, Material bis zu 2-3 Kubikmetern Volumen können problemlos mitgenommen werden und aufgrund des geringeren Platzbedarfs können Staus umfahren und auch schmale Fahrradwege genutzt werden. Manche Unternehmen müssen aber nun mal mit größeren Fahrzeugen fahren und da liegt es dann an allen anderen privat oder geschäftlich zu überlegen: muss ich diese Fahrt mit so einem großen Fahrzeug machen oder reicht vielleicht auch ein Fahrrad/Lastenrad? Das Gesamtkonstrukt muss funktionieren. Alle Transporte aufs Lastenrad umzustellen funktioniert nicht, 50-60% aber in jedem Fall.

Wie siehst du die Verkehrssituation in Bonn vor 5 Jahren und heute im Vergleich? Was hat sich verändert?

Die größte Veränderung ist, dass nun sichtbar Radverkehr auch eine Priorität ist und mehr für die Sicherheit getan wird. Wir beobachten, dass ausprobiert wird und sich Gedanken gemacht werden, um die Situation für die Menschen zu verbessern. Eine positive Veränderung aus unserer Perspektive sind die farblich markierten Radwege und die bauliche Trennung zum motorisierten Verkehr. Das sorgt für ein gutes Gefühl beim Fahren. Die Umweltspur auf der Oxfordstraße ist ein Beispiel für gelungene Veränderungen.

Wie hat sich diese Veränderung auf VEMO-Logistik ausgewirkt?

Unsere Fahrerinnen und Fahrer fühlen sich sicherer und klar zugewiesene Räume für Radverkehr sorgen dafür, dass diese Räume auch tendenziell eher freigehalten werden.

Foto: VEMO Logistik

Wenn du dir für die Verkehrspolitik in Bonn etwas wünschen dürftest, was wäre das?

Ich würde mir wünschen den privaten Autoverkehr und Parkplätze in der Stadt stark einzuschränken. Der Platzbedarf ist unverhältnismäßig und Unternehmen werden daran gehindert zu liefern und beliefert zu werden. Und in Bonn ist man privat mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV sowieso viel schneller auf der Arbeit, beim Sport, bei Freunden als mit dem Auto.

Fragen gestellt von Sonja

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