Allgemein · Mobilität · Radentscheid

Der Rad- und Fußverkehrsanteil wächst – Ansporn, die Infrastruktur weiter auszubauen

Immer mehr Menschen in Bonn fahren Fahrrad, gehen zu Fuß oder nehmen den ÖPNV. Das belegt nun eine aktuelle Studie des Bundesverkehrsministeriums. Wir schauen uns die Zahlen an.

Vor ca. 2,5 Wochen hat die Stadt in einer Pressemeldung mitgeteilt, dass mittlerweile 71% der Wege in Bonn zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem ÖPNV zurückgelegt werden. Nun liegen die detaillierten Zahlen vor. Grund genug, einmal draufzuschauen.

Enorme Veränderungen in der Verteilung der Verkehrsträger

Direkt zu Beginn: Die Veränderungen sind enorm! Innerhalb weniger Jahre ist der Radverkehrsanteil in Bonn um fast die Hälfte angestiegen und beträgt nun 21% aller Wege. Auch der Fußverkehr nimmt zu und löst das Auto als wichtigsten Verkehrsträger in Bonn ab. Der ÖPNV hat die Pandemie mittlerweile überstanden und hat sogar einen leicht höheren Anteil als zum Zeitpunkt der letzten Studie 2017. Damit werden insgesamt 71% aller Wege in Bonn mit dem Umweltverbund (zu Fuß, Fahrrad, ÖPNV) zurückgelegt.

Die Abbildung zeigt gelb hinterlegt die aktuelle Verteilung und darunter die Verteilung zum Zeitpunkt der letzten beiden Studien. Die Werte sind jeweils der Anteil der Wege mit einem Verkehrsmittel an der Gesamtzahl der Wege in der Stadt Bonn (Fachleute sprechen hier vom Modal Split).

Die Studie Mobilität in Deutschland wird alle paar Jahre vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben. Zahlreiche Kommunen, u.a. Bonn, schließen sich der Studie an und erhalten so Zahlen für ihre Stadt. „Mobilität in Deutschland“ ist die maßgebliche Studie zum Thema Verkehr in Deutschland.

Die Bonnerinnen und Bonner wollen radfahren!

Dass der Radverkehr so stark zugenommen hat freut uns sehr. Es zeigt, dass sich selbst durch die eher kleinen ersten Schritte zur Schaffung guter Radinfrastruktur in den letzten Jahren – z.B. an der Oxfordstraße oder am Rheinufer – bereits große Veränderungen im Verkehrsverhalten erzielen ließen.

Dass die in Folge des Radentscheids getroffenen ersten Maßnahmen der letzten Jahre ursächlich für diese Entwicklung in Bonn sind, kann man am Vergleich mit den bundesweiten Zahlen sehen. Bezogen auf’s gesamte Bundesgebiet stagniert der Radverkehrsanteil seit Jahren bei 11%.

Wir sehen uns bestätigt: Die Menschen in Bonn wollen die Verkehrswende! Sobald man ernsthaft beginnt, gute Alternativen zum Auto zu schaffen, werden diese auch gut genutzt. Für uns sind diese Zahlen Motivation, uns weiter für die Umsetzung der Radentscheid-Ziele einzusetzen.

Infrastruktur weiter den veränderten Bedürfnissen anpassen

Nun gilt es, die Verkehrsinfrastruktur weiter umzubauen! Zum Einen, um das Ziel der Stadt Bonn – 75% Umweltverbundsanteil bis 2030 – auch wirklich zu erreichen. Zum Anderen, um für die 21% der Wege, die bereits jetzt mit dem Rad zurückgelegt werden eine gute Infrastruktur zu schaffen. Der Anteil der Radfahrenden wächst aktuell schneller als der Ausbau der Radinfrastruktur vorangeht. Die Ergebnisse der Studie sollten Ansporn sein, die in den letzten Jahren in Gang gekommenen Bemühungen zum Ausbau der Radinfrastruktur weiter zu verstärken.

Die aktuellen Planungen (Bertha-von-Suttner-Platz, Sankt Augustiner Straße, Fahrradgarage am ZOB, …) sind gut. Es braucht aber zusätzlich den Blick auf das gesamte Stadtgebiet. Wir haben mit unserem Konzept „10 Velorouten für Bonn“ einen Priorisierungsvorschlag für die Umsetzung des beschlossenen Radroutennetzes gemacht. Die hier vorgestellten Zahlen zeigen, dass es an der Zeit ist, ganze, durchgängige Radrouten für Bonn zu planen und umzusetzen – als eigenständige Verkehrsprojekte.

Ein Blick auf die detaillierten Ergebnisse

Auch die detaillierteren Zahlen der Studie liefern noch einige interessante Erkenntnisse:

  • Die starke Zunahme des Radverkehrs ist kein „Bonn-Zentrum“-Phänomen (Stadtbezirk Bonn: 22% Radverkehrsanteil). Die Aufgliederung der Zahlen in die vier Stadtbezirke zeigt auch in Beuel und Bad Godesberg eine starke Zunahme auf jeweils 20% der Wege (vorher 12 bzw. 14%). Lediglich in Hardtberg ist der Zuwachs geringer von 13 auf nun 15%. Es muss also darum gehen, die Radinfrastruktur im gesamten Stadtgebiet den geänderten Mobilitätsbedürfnissen entsprechend umzubauen.
  • 35% der Haushalte in Bonn besitzen kein Auto. Gerade in den wirtschaftsschwacheren Haushalten ist dieser Anteil besonders hoch (sehr niedrig: 77%, niedrig: 50%). Das heißt: Ausbau von Alternativen zum Auto ist aktive Sozialpolitik! Übrigens: Nur 21% der Bonner Haushalte besitzen kein Fahrrad. Fahrradbesitz ist in Bonn also weiter verbreitet als Autobesitz.
  • Interessant ist auch der Blick auf die Gründe für die Nutzung alternativer Verkehrsmittel zum Auto: Der fehlende Parkplatz spielt als Grund nur eine untergeordnete Rolle. Der wichtigste Grund ist der bewusste Verzicht auf’s Auto. Die Menschen möchten Alternativen nutzen!
  • Der Anstieg des Anteils der Wege mit dem Rad von 15 auf 21 % ist ein Zuwachs um 40%. Der Anstieg des Anteils der Personenkilometer im Radverkehr von 5 auf 8% bedeutet 60% Zuwachs. Die Wege, die mit dem Rad zurückgelegt werden, werden also länger. Hier zeigt sich wahrscheinlich die wachsende Bedeutung von E-Bikes.
  • Besonders interessant ist die Entwicklung der Zufriedenheit mit der Verkehrsinfrastruktur, denn diese ist umgekehrt zur Entwicklung des Modal Split: Während die Zufriedenheit mit der Autoinfrastruktur im Vergleich zur letzten Studie in Bonn zugenommen hat, hat die Zufriedenheit mit der Fahrrad- und Gehwegeinfrastruktur abgenommen.

Gerade der letzte Punkt zeigt noch mal: Der Umbau unserer Verkehrsinfrastruktur in Bonn muss weitergehen – und am besten noch schneller als bisher!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert