Umsetzung

Brief an die Stadtverordneten – Masterplan 2.0 – Uni trifft City

In einem weiteren Brief wenden wir uns zusammen mit dem ADFC an die Mitglieder des Stadtrats. Wir fordern, dass der Radentscheid auf dem Straßenzug vor der Uni tatsächlich umgesetzt wird.

 Sehr geehrte Mitglieder des Rates der Stadt Bonn, 

die Beratungen zum Masterplan 2.0 haben gezeigt, dass es bei der Querschnittsgestaltung viele unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen gilt. Der jetzt von der Stadtverwaltung vorgelegte Vorschlag favorisiert die Variante 2+ mit einem sogenannten “Shared Space”. Der ADFC Bonn/Rhein- Sieg und der Radentscheid Bonn lehnen diese Variante entschieden ab und setzen sich für die Variante 4 ein. 

Klimaschutz und Mobilitätswende müssen Vorrang haben: Die Verwaltung hat es selbst beschrieben: Die Variante 2+ leistet weder einen Beitrag zum Klimaschutz noch für die Mobilitätswende. Sie kann das nicht, weil die Chance vergeben wird, diese Strecke sowohl für den Busverkehr der SWB als auch für einen einladenden Zweirichtungsradweg zu nutzen. Statt den Klimaschutz zu fördern, wird der Umweltverbund aus Rad und Öffentlichem Verkehr ausgebremst. Ob es der Stadt mit dem Klimaschutz ernst ist, entscheidet sich am 23. März nicht mit einem Beschluss zum Klimaplan, sondern mit einem Ja zur Variante 4. 

Laut Klimaplan soll und muss sich der Radverkehr verdoppeln, um seinen Beitrag zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2035 zu leisten. Wir haben einmal gerechnet: Wenn im Jahr 2035 durch einen steigenden Radverkehr jährlich 31 000 t CO2 eingespart werden sollen, dann müssen 2035 täglich 424 000 km, die heute noch mit einem Kfz zurückgelegt werden, durch den Radverkehr ersetzt werden. D.h. es müssen jeden Tag 42 400 Bonner*innen dafür gewonnen werden, 10 km mit dem Rad statt mit dem Auto zurückzulegen. Das aber kann nur gelingen, wenn wir eine einladende und sichere Radinfrastruktur haben. Die Planung auf der Achse vor der Universität muss einem deutlich steigenden Radverkehr gerecht werden. 

Davon ist die Variante 2+ Lichtjahre entfernt.

Der sogenannte “Shared Space” ist eine Fata Morgana: Die Variante 2+ hat erhebliche Nachteile für den ÖPNV und den Radverkehr. Durch die gemeinsame Führung von ÖPNV, Autos und Fahrrädern in Richtung Bahnhof auf einer Fahrspur von 3,50 m Breite, ist kein sicheres und legales Überholen der Radfahrenden möglich. Die Fahrbahn ist bei weitem nicht breit genug, um 1,5 m Überholabstand einzuhalten. Selbst die Verwaltung sieht die Gefahr von “Radverkehr gefährdenden Überholvorgängen”! Schaut man sich die erweiterte Strecke an, so befindet sich ein Bus schon ab dem Stiftsplatz auf einer gemeinsam mit Radfahrenden genutzten Umweltspur. Wir sprechen dann über eine Strecke von 850 m, die der Bus auf Fahrradgeschwindigkeit ausgebremst wird. Konflikte sind hier vorprogrammiert. 

Das Wesen des “Shared Space” ist es, dass die Straßenräume von unterschiedlichen Nutzer*innen in einem fließenden Prozess gemeinsam genutzt werden. Dies funktioniert aber nur, wenn die Verkehrsdichte eine wechselseitige Nutzung zulässt. Wie werden sich Fußgänger*innen fühlen, wenn ein Bus hinter ihnen auftaucht – oder gar auf sie zufährt? Durch die Bedingungen vor der Bonner Universität (Fahrbahnbreite, Verkehrsfrequenz, 50 – 60 Busse pro Stunde, zunehmender Radverkehr) ist ein wirklicher “Shared Space“ im Sinne von gemeinsamer Nutzung nicht möglich. In einer solchen Situation erhöhen klar getrennte Nutzungsbereiche die Sicherheit für alle Beteiligten. Die Fußgänger*innen profitieren mehr von einer möglichst großen aber ausschließlich allein genutzten Fläche. Dies gilt umso mehr für unsichere Menschen. 

Unser Fazit: 

Variante 4 erhöht die Sicherheit von Fußgängern, Radfahrerenden und Nutzer*innen des Öffentlichen Verkehrs. Variante 4 schafft die Voraussetzungen für den wachsenden Radverkehr und den Ausbau des ÖPNV – sie wird zur Einsparung von CO2 führen. Hingegen wird das Festhalten an einem nur theoretischen nicht aber praktikablen “Shared Space“-Konzept wie in Variante 2+ zu vielen Konflikten und Unzufriedenheiten führen. Das sehen nicht nur der Radentscheid Bonn, der ADFC Bonn/Rhein-Sieg, der Kreisverband des Verkehrsclub Deutschland oder Parents for Future so. Das geht auch aus den Stellungnahmen der SWB und der Universität Bonn hervor. 

Besser als eine “Da müssen wir jetzt durch” Haltung der Koalitionsfraktionen braucht es jetzt den wirklichen Mut zu Klimaschutz und Mobilitätswende. 

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Schneider, Radentscheid Bonn, und Gerd Billen, Verkehrspolitischer Sprecher ADFC Bonn/Rhein-Sieg

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