Ideen / Inspiration

Was Bonn von Utrecht lernen kann

Bonn befindet sich am Anfang der Verkehrswende. Erste Maßnahmen wie die Verkehrsberuhigung vor dem Hauptbahnhof und am Rheinufer oder die Einführung von Umweltspuren auf einigen zentralen Verkehrsachsen zeugen davon, dass die Veränderung gerade mit ersten kleinen Schritten beginnt. Aber wie soll Bonn eigentlich aussehen, wenn die Verkehrswende erfolgreich umgesetzt wurde?

Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein Blick auf andere Städte, die schon deutlich weiter sind als Bonn. Ein sehr gut passendes Beispiel ist Utrecht in den Niederlanden. Utrecht ist mit ca. 360.000 Einwohnern auf ca. 100 km² Fläche vergleichbar groß wie Bonn (ca. 330.000 Einwohner auf ca. 140 km²) und erwartet – genau wie Bonn – in den nächsten Jahren ein weiteres Bevölkerungswachstum. Die Stadt verfügt ebenso wie Bonn über einen teilweisen Autobahnring, einen zentral gelegenen Hauptbahnhof sowie im ÖPNV über ein Stadtbahn- und Busnetz.

Trotz dieser Ähnlichkeit zu Bonn ist in Utrecht etwas anders: Der Modal Split, also der Anteil der unterschiedlichen Verkehrsmittel an den zurückgelegten Wegen, unterscheidet sich deutlich.

Werden in Bonn 57% aller Wege mit dem Auto zurückgelegt, so sind es in Utrecht nur knapp 37%. Dafür entfallen in Utrecht 60% aller Wege auf den Umweltverbund (ÖPNV, Rad, zu Fuß). In Bonn sind dies nur 43%. Das in Bonn ausgerufene Ziel, den Radanteil am Modal Split auf 25% anheben zu wollen, hat Utrecht längst erreicht. Schaut man nur auf die kürzeren Wege unter 7,5 km, so werden in Utrecht gar 80% mit dem Umweltverbund zurückgelegt (50% Rad, 27% zu Fuß, 4% ÖPNV). [Quelle für Bonn] [Quelle für Utrecht]

Der Modal Split ist sehr abstrakt. Wie fühlt sich diese andere Verteilung der Verkehrsmittel an? Was unterscheidet die Verkehrsinfrastruktur in Utrecht von unserer in Bonn? Um dies herauszufinden, bin ich nach Utrecht gefahren und habe mich dort mehrere Tage zu Fuß und mit dem Rad durch die Stadt bewegt. In diesem Blog-Post möchte ich die Punkte erläutern, die mich am meisten beeindruckt haben.

Entspanntes zu Fuß gehen

Den ersten Tag war ich viel zu Fuß unterwegs, primär im Zentrum und in den umliegenden Stadtteilen. Das Utrechter Zentrum ist weitestgehend verkehrsberuhigt und ist etwa so groß wie die Bonner Innenstadt plus Altstadt. In den umliegenden Stadtvierteln finden sich alle Verkehrsarten.

Was mir als Fußgänger in Utrecht sehr positiv auffiel, war die Kontinuität, mit der ich mich bewegen konnte. In Bonn ist man es gewohnt, an jeder Einmündung einer Seitenstraße entweder stehenzubleiben oder zumindest zu schauen, ob dort gerade ein Auto fährt, bevor man als Zufussgehender weitergeht. In Utrecht fällt dieses dauernde Kreuzen von Seitenstraßen weg, denn an den meisten Einmündungen von Seitenstraßen sind die Geh- und Radwege durchgezogen, so dass man als Zufussgehender einfach weitergehen kann. Der Autoverkehr aus oder in die Seitenstraße wartet, bis der Rad- und Fußverkehr auf der Vorfahrtsstraße vorbei ist. Die folgenden Bilder zeigen zwei Beispiele dieses Designs und ein Beispiel der typischen Situation in Bonn: 

Querstraße
Zufußgehende und Radfahrende auf der Hauptstraße haben erkennbar Vorrang an der Einmündung einer Seitenstraße
Radweg Utrecht
Autos aus der Seitenstraße von rechts fahren durch die Anhebung der Fahrbahn langsam auf kreuzende Zufußgehende und Radfahrende zu
Radwegführung Kreuzung
Typische Einmündung einer Seitenstraße in Bonn. Das Kreuzungsdesign vermittelt Zufußgehenden und Radfahrenden, anzuhalten und zu warten, bis die Fahrbahn frei ist.

Es ist wirklich erstaunlich, welch starken Effekt eine solche eigentlich trivial anmutende Veränderung des Kreuzungsdesigns hat. Als Fußgänger bin ich deutlich schneller und komfortabler unterwegs. Lediglich an Hauptverkehrsstraßen muss ich meine Aufmerksamkeit auf den Autoverkehr richten. Meine Sicherheit als Fußgänger wird sichergestellt, indem Autofahrer aufgrund des Hubbels und geringer Kurvenradien abbremsen müssen.

Auch mobilitätseingeschränkte Personengruppen wie ältere Menschen mit Rollator, Menschen im Rollstuhl oder auch Eltern mit Kinderwagen profitieren von diesem Design, da keine Kanten zu überwinden sind. In Bonn verbleibt selbst bei abgesenkten Bordsteinen an Kreuzungen oft eine Restkante von mehreren Zentimetern, was gerade für die angesprochenen Personengruppen deutlich unkomfortabler ist.

Unterwegs in Utrecht wird schnell deutlich, dass die Stadt dieses Design anscheinend schon seit Jahrzehnten umsetzt, so dass ich es heute wirklich an allen Seitenstraßen vorfinde.

Der Radentscheid Bonn hat ein solches Design für Einmündungen von Seitenstraßen in Ziel 4 “niveaugleiche Einmündungen” gefordert. Die Stadt Bonn hat bei der Neugestaltung der Endenicher Allee zwischen Hosenbrücke und Alfred-Bucherer-Straße erste Versuche in diese Richtung unternommen. Dabei ist die Durchgängigkeit der Gehwege aber aufgrund abweichender Pflasterung noch nicht so schön ersichtlich wie in Utrecht. Auch die Kurvenradien für Autos sind in der Endenicher Allee noch deutlich größer. Beim geplanten Umbau der Kölnstraße zwischen Wilhelmsplatz und Bertha-von-Suttner-Platz sollen ebenfalls niveaugleiche Führungen an den Seitenstraßeneinmündungen umgesetzt werden. Hoffen wir, dass sie dann so aussehen wie in Utrecht!

Sicher Radeln durch baulich getrennte Radwege

Unterwegs auf dem Fahrrad fallen mir in Utrecht drei Dinge besonders ins Auge. Erstens verfügt die Stadt über ein durchgehendes, weitverzweigtes Netz baulich von der Autofahrbahn abgetrennter Radwege. Es ist in der Regel gefahrlos und entspannt möglich, sein Ziel auf dem Rad zu erreichen – auch für Kinder. Radfahrende teilen so gut wie nie den Platz mit den Autos. Die Radwege sind fast immer durch Bordsteine, Grünstreifen, parkende Autos usw. von der Autofahrbahn abgetrennt. Lediglich in den besonders verkehrsberuhigten Seitenstraßen teilen sich Autos und Räder den Platz, an Hauptstraßen praktisch nie. Das macht Radfahren sicher, entspannt und auch für die Menschen möglich, die sich nicht auf eine mit Autos geteilte Hauptverkehrsstraße trauen.

Radfahren in Utrecht
Neuere Radwege verlaufen in Utrecht rechts der parkenden Autos, so dass Radfahrende sicherer unterwegs sind
Radfahren in Utrecht Radentscheid Bonn
Anscheinend neu aufgeteilte ehemals vierspurige Straße mit baulich getrenntem Zweirichtungsradweg
Fahrradspur Utrecht
Verkehrsberuhigte Seitenstraße in Utrecht, klar erkennbar als Fahrradstraße gestaltet

Schutzstreifen, wie sie in Bonn noch sehr weit verbreitet sind, findet man in Utrecht zwar auch, aber nur noch an älteren Straßen. Alles, was in den letzten ca. ein, zwei Jahrzehnten entstanden ist, hat baulich getrennte Radwege.

Der Radentscheid Bonn fordert die bauliche Trennung von Radwegen in seinem Ziel 2. “Radwege sind […] baulich vor Befahren, Halten und Parken durch Kfz geschützt” heißt es dort. In Bonn gibt es solche Radwege bisher leider nur an sehr wenigen Orten. Die kurze Protected Bike Lane an der Welschnonnenstraße ist ein Beispiel. Auch der Radweg entlang der Godesberger Straße zwischen Friesdorf und Bad Godesberg ist so gestaltet. Meist wird in Bonn der Radverkehr aber nach wie vor ohne Abtrennung auf der Autofahrbahn geführt – nur durch einen Strich weißer Farbe abgetrennt. Für Radfahrende bedeutet dies mehr Stress und weniger Komfort. Bei der anstehenden Neugestaltung der Kölnstraße soll dies leider wieder so umgesetzt werden. Das zeigt, dass wir in Bonn noch in den Anfängen der Verkehrswende stecken.

Komfortabel Radeln durch fehlende Kanten

Der zweite Punkt, der mir beim Radeln durch Utrecht auffällt, ist das Fehlen jeglicher Kanten. An sämtlichen Kreuzungen werden Radwege entweder bis auf das Niveau der Fahrbahn abgesenkt oder sind neben der baulichen Abtrennung zur Fahrbahn sowieso bereits auf gleicher Höhe wie die Autofahrbahn geführt. Das wirkt wiederum trivial, hat aber einen großen Effekt: Es ruckelt beim Radeln nicht. Der Komfortgewinn ist enorm! Ich gleite als Radfahrer über die Radwege und fühle mich mit meinem Verkehrsmittel in der Stadt willkommen.

2-Richtungs-Radweg Utrecht
Durchgehender ruckelfreier Radweg an einer Kreuzung
Überquerung Radweg
Auch bei bereits älteren Kreuzungen gibt es keine Kanten an den Radwegen

In Bonn werden zwar Radwege an Kreuzungen bereits seit Jahren abgesenkt, allerdings nie bis auf das Niveau der Fahrbahn. Eine Kante von mehreren Zentimetern wird in Bonn immer verbaut. Auch wenn die Kante in Bonn nicht sehr hoch ist, ist der Fahrkomfort in Utrecht doch ein ganz anderer. Ich bekomme beim Radeln das Gefühl vermittelt, der Radweg ist auch über die Kreuzung hinweg ein durchgehender Radweg. In Bonn vermittelt mir das Design eher: “Hier endet der Radweg. Auf der anderen Seite der Kreuzung fängt er wieder an.”

Fahrradparken jenseits des Fahrradbügels

Parken ist der dritte Punkt, der mir beim Radeln in Utrecht besonders ins Auge fällt. Wird in Bonn noch darüber diskutiert, ob hier und da ein paar Fahrradbügel aufgestellt werden sollen oder nicht, ist Utrecht einfach auf einem anderen Level unterwegs. In der Innenstadt gibt es 12 Fahrradparkhäuser mit über 30.000 Stellplätzen. Diese Zahl klingt beeindruckend, stehen doch in den Autoparkhäusern der Bonner City Parkraum in der Innenstadt nur knapp 3.500 Autostellplätze zur Verfügung. An diesen Zahlen sieht man sehr schön, welch immenser Flächenbedarf allein durch parkende Autos entsteht. Utrecht bringt auf wahrscheinlich weniger Platz Parkraum für ein Vielfaches mehr an potentiellen Kunden für die Einzelhändler der Innenstadt unter. Fairerweise sei gesagt: Natürlich gibt es auch im Utrechter Stadtzentrum Autoparkhäuser für mehrere tausend Autos. Im Gegensatz zu Bonn gibt es aber eine Verkehrsmittelwahl. In Bonn steht lediglich ein einziges Fahrradparkhaus mit 180 Stellplätzen zur Verfügung.

Am Eingang der meisten Utrechter Fahrradparkhäuser wird die Zahl der verfügbaren Plätze angezeigt. Außerdem existiert ein Parkleitsystem, das an den zentralen Radwegen in die Innenstadt die Auslastung der umliegenden Parkhäuser anzeigt. Besonders beeindruckend – auch mit Blick auf das schön gedachte aber eher missglückte Fahrradparkhaus an der Rabinstraße in Bonn – ist das große Fahrradparkhaus am Utrechter Bahnhof, in das man direkt hineinradeln kann bis zu seinem Stellplatz – also genauso, wie man es vom Auto kennt und gewohnt ist. Warum sollte es beim Fahrradparken anders sein?

Der Bau von Fahrradparkhäusern ist natürlich langwieriger als das Aufstellen von ein paar Fahrradbügeln. Lassen sich in Bonn evtl. Teile der bestehenden Autoparkhäuser umnutzen? Die Friedensplatzgarage z.B. verfügt über drei Ein- und zwei Ausfahrten. Hier könnte man eine Zufahrt für Fahrräder umnutzen. Auch die Stadthausgarage verfügt neben den Ein- und Ausfahrten für Autos noch über eine nur von städtischen Fahrzeugen genutzte Zufahrt an der Maxstraße. Potential für die schnelle Einrichtung von Fahrradparkhäusern als einem nächsten Schritt der Verkehrswende ist also vorhanden. 

Blick ins Fahrradparkhaus Utrecht
In einem Fahrradparkhaus in Utrecht
Einfahrt zum Fahrradparkhaus Urecht
Einfahrt in das größte Fahrradparkhaus der Welt am Utrechter Bahnhof
Fahrradparkhäuser Utrecht
Parkleitsystem für Radfahrende

Neben diesen Parkhäusern in der Innenstadt fällt mir in Utrecht auf, dass Radfahrende in wirklich jeder Straße eine Abstellmöglichkeit finden. Das ist sinnvoll, da man ja nicht nur ins Zentrum fährt, sondern z.B. auch Freunde und Familie besucht. In meiner Wahrnehmung konzentrieren wir uns in Bonn noch sehr darauf, an Zielen wie der Innenstadt oder in den Stadtteilzentren Fahrradbügel zu errichten anstatt einfach in jeder Straße der Stadt ein, zwei Autoparkplätze mit Fahrradbügeln auszustatten und so Platz für 10 bis 20 Fahrräder zu schaffen. In Utrecht ist das so. Die Menschen hier können sicher sein, dass sie ihr Fahrrad in der Nähe ihres Ziels sicher abstellen können.

Ich habe dazu aus Bonn ein negatives und ein positives Beispiel. Vor wenigen Jahren wurde die Römerstraße nach jahrelangen Arbeiten neu gestaltet. Dabei entstanden viele Autoparkplätze – und kein einziger Fahrradbügel. Anders lief es beim Umbau der Endenicher Allee zwischen Hosenbrücke und Alfred-Bucherer-Straße. Hier wurden bei der Neugestaltung mehrere Dutzend Fahrradbügel aufgestellt, die direkt nach Freigabe der Straße durch Anwohner und Besucher rege genutzt wurden.

Seitenstraße Utrecht
Eine normale Wohnstraße mit Abstellmöglichkeiten für Autos und Fahrräder

Neben öffentlichen Parkmöglichkeiten finden sich in Utrechts Straßen auch viele abschließbare Fahrradboxen, in denen Stellplätze gemietet werden können. Das hilft gegen Diebstahl. Hier hat Bonn mit einigen Fahrradboxen an den neuen Mobilstationen einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. 

Fahrradbox Utrecht
Öffentliche, abschließbare Fahrradbox in einer Wohnstraße

Platzgewinnung durch Umwidmung von Autostraßen

Auffällig ist in Utrecht die Großzügigkeit der Verkehrsinfrastruktur für Fußgänger und Radfahrer. Die Rad- und Fußwege sind breit, die bauliche Trennung vom Autoverkehr benötigt zusätzlichen Platz. Woher kommt dieser Platz? Eine Antwort auf diese Frage kann man seit ein paar Jahren rund um den Utrechter Bahnhof erleben.Am westlichen Rand des Utrechter Zentrums und direkt am Bahnhof vorbei verlief einst eine Schnellstraße in Nord-Süd-Richtung. Diese bis zu zehnspurige Straße wurde in den letzten Jahren zurückgebaut und der ursprünglich dort vorhandene Kanal wieder erstellt. An beiden Seiten des Kanals verlaufen nun schmalere Straßen mit baulich getrennten Radwegen und nur noch einem Autofahrstreifen pro Richtung. Auch die wenige hundert Meter weiter auf der anderen Seite der Gleise parallel verlaufende zweite mehrspurige Autostraße wird z.Zt. zurückgebaut auf eine Fahrspur pro Richtung. Der Durchgangsverkehr für Autos wird auf dieser Straße komplett unterbunden zugunsten eines großzügigen Bahnhofsvorplatzes. Ersatz für die weggefallenen Autospuren wurde nicht gebaut. Die Stadt hat durch die Reduzierung der Fahrbahnen für Autos im Bahnhofsumfeld eine Menge Platz für Rad- und Fußgängerinfrastruktur aber auch für Parks und Busspuren gewonnen. Der Umbau ist noch nicht abgeschlossen. Man kann an manchen Stellen noch die Überreste der alten breiten Autostraßen erkennen und dadurch gut Vorher und Nachher vergleichen.

Utrecht Kanal
Dieser Kanal war die letzten 50 Jahre von einer Stadtautobahn verdeckt
Baustelle Radweg Utrecht
Im Hintergrund die verschmälerte Straße, im Vordergrund neu gewonnener Platz für andere Nutzungen

In Bonn wird in Diskussionen zur Verkehrswende häufig das Argument der engen Straßen angebracht. Eine Umgestaltung hin zu weniger Autospuren und mehr Platz für Zufussgehende und Radfahrende sei aufgrund der beengten Platzverhältnisse nicht möglich. Aber auch in Bonn existieren sehr breite Autostraßen. Hier nur einige Beispiele: Die Adenauerallee am Hofgarten ist bis zu fünfspurig plus Parkstreifen an der Seite. Die B9 an der Museumsmeile ist sechs- bis neunspurig. Die Petra-Kelly-Alle an der Rheinaue ist vier- bis fünfspurig. Die Provinzialstraße zwischen Endenich und Duisdorf ist ebenfalls vier- bis fünfspurig. Der Bertha-von-Suttner-Platz hat bis zu fünf Autospuren plus zwei Parkstreifen parallel. Potential zur Platzgewinnung für Rad- und Fußverkehr durch Umgestaltung mehrspuriger Autostraßen ist meiner Meinung nach auch in Bonn ausreichend vorhanden.

Fazit

Eine Reise nach Utrecht zeigt eindrucksvoll, wie Bonn einmal aussehen könnte, wenn wir die Verkehrswende mit Nachdruck vorantreiben. Ich habe hier nur die für mich eindrücklichsten Punkte aufgeschrieben. Es gibt deutlich mehr wie z.B. den Bau von Fahrradbrücken über den durch Utrecht fließenden großen Kanal, die Verwendung von Pflastersteinen zur Geschwindigkeitsreduktion des Autoverkehrs oder die intelligente Schaltung von Ampeln, so dass ich weder als Fußgänger noch als Radfahrer je lange und unnötig an einer roten Ampel warten musste. Auch dass die Stadt durch weniger Autos deutlich ruhiger ist als Bonn ist ein weiterer Punkt.

Schaut man sich die Verkehrsinfrastruktur in Utrecht an, so merkt man, dass hier ein anderer Ansatz verfolgt wird. Nicht der maximal mögliche Durchsatz an Autos ist das Ziel, sondern die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer. Dafür werden auch Autospuren reduziert, Abbiegevorgänge von Autos durch kleinere Kurvenradien verlangsamt und bauliche Trennungen vorgenommen. In Utrecht wird anerkannt, dass von Autos aufgrund ihrer Masse für andere Verkehrsteilnehmer Gefahr ausgeht. Die Verkehrsinfrastruktur schützt daher Zufussgehende und Radfahrende.

Autofahrende werden trotzdem nicht ausgegrenzt. Alle Orte in Utrecht sind auch per Auto erreichbar. Es gibt zahlreiche Autoparkhäuser in der Innenstadt. Allerdings wird das Auto als Verkehrsmittel nicht bevorzugt, so wie es in Bonn nach wie vor an den meisten Stellen der Fall ist. Es wird durch gute Infrastruktur erfolgreich versucht, Menschen für andere Verkehrsmittel zu begeistern. Das bedeutet oft, dass Autos zu Gunsten von Geh- und Radwegen sowie Busspuren nicht den direkten Weg fahren können. Trotzdem können die, die wirklich auf ein Auto angewiesen sind, dieses auch weiterhin nutzen und alle Ziele erreichen.

Utrecht zeigt, dass wir in Bonn für das Erreichen der Verkehrswende nicht alles neu erfinden müssen. Es reicht, zu schauen, was die Besten machen. Und dafür lohnt der Blick nach Utrecht. Nicht umsonst zählt die Stadt neben Amsterdam und Kopenhagen zu den fahrradfreundlichsten Städten der Welt.

geschrieben von Martin P.

2 Kommentare

  • Die Fahrradbügel in der Endenicher Allee sind eigentlich eine gute Idee. – Aber nach 2 Jahren sind kaum noch Plätze frei, sondern ein Großteil der Bügel wird durch „tote“ Fahrräder blockiert (keine Luft, sichtlich defekt, aber weiterhin angekettet).

    Während monatelang abgestellte Autos irgendwann entfernt werden, bleiben die „herrenlosen“ Fahrrad-Leichen einfach liegen und blockieren die dringend benötigten Stellplätze.

    Ich denke, da braucht es eine konstruktive Lösung: etwa roten Aufkleber (z.B. Kabelbinder mit Warnhinweis) anbringen und nach 2 Monaten Abtransport in Fahrrad-Depot. Findet sich nach weiteren 6 Monaten noch immer kein Halter, würde das Rad in die Wiederaufarbeitung/Recycling gegeben. (Ist das Fahrrad registriert, wömöglich gar als vermisst gemeldet, würde natürlich der Eigentümer informiert.) – Mit etwas Glück, könnte sich der Aufwand durch den Verkaufserlös (wenigstens teilweise) refinanzieren.

    • Martin sagt:

      Hallo Carl-Thomas,
      ich stimme zu, dass es dafür eine Lösung braucht. In Maastricht dürfen Fahrräder max. 2 Wochen am Stück geparkt werden. Darauf weisen Schilder an allen Radabstellanlagen hin. Die Kontrollfrequenz kenne ich nicht, aber mein Eindruck war, dass weniger Fahrradleichen im Stadtbild sichtbar sind als in Bonn. Es scheint also kontrolliert zu werden.

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