10 Velorouten · Umsetzung

Eine Tour über die vorgeschlagene Veloroute 6

Ich fahre die vorgeschlagene Veloroute 6 ab und schaue mir an, wo bei einer Planung dieser Route die Infrasturktur verbessert werden müsste.

Kürzlich haben wir als Radentscheid gemeinsam mit dem ADFC den Vorschlag „10 Velorouten für Bonn“ vorgestellt, mit dem wir als ersten Schritt zur Umsetzung des Ende 2023 beschlossenen Radnetzes 10 ausgewählte durchgängige Radrouten in unserer Stadt vorschlagen.

In diesem Post werde ich mir eine der 10 Velorouten – Veloroute 6 – näher ansehen und ein besonderes Augenmerk darauf richten, an welchen Stellen besonderer Verbesserungsbedarf an der Infrastruktur besteht.

Die Veloroute 6 fett hervorgehoben im Übersichtsplan unseres Vorschlags

Überblick über die Route

Die Veloroute 6 verläuft vom Rheinufer in Castell über Kaiser-Karl- und Hochstadenring auf die Viktoriabrücke. Von dort geht es durch einige Seitenstraßen Richtung Endenicher Allee und dann durch Endenich, Lengsdorf, Ückesdorf und Röttgen in Richtung Meckenheim. Die Route 6 stellt die einzige Radverbindung aus diesen Stadtteilen ins Bonner Zentrum dar. Durch Verknüpfung mit der Veloroute 10 in Endenich entsteht eine Verbindung zu den östlich des Venusbergs gelegenenen Stadtteilen wie Kessenich und Dottendorf sowie zu den Arbeitsplatzschwerpunkten im Bundesviertel. Über Verknüpfungen zu den Velorouten 4 und 8 entstehen Verbindungen über die Kennedybrücke auf die Beueler Rheinseite.

Vom Rhein zum Chlodwigplatz

Ich beginne meine Befahrung in Castell am Rhein. Vom Fluss fahre ich hoch zum Römerkran und lande an der Kreuzung Römerstraße / Augustusring. Hier ist die Weiterfahrt auf den Radweg etwas umständlich. Es fehlt eine direkt Führung mit eigener Ampel auf den Radweg am Augustusring. Stattdessen muss ich rechts über den Gehweg zur Fußgängerampel und anschließend wieder etwas links zurück auf den Radweg.

An Augustusring und Kaiser-Karl-Ring bis zur Kreuzung mit der Kölnstraße am Chlodwigplatz existieren vom Autoverkehr getrennte Radwege. Diese sind allerdings so schmal, dass ein Überholen eines anderen Radfahrers nur mit Ausweichen auf den Gehweg möglich ist. Außerdem fahre ich teilweise direkt in der Dooring-Zone parkender Autos. Der Zustand der Radwege ist schlecht. Diverse Wurzeln lassen das Stück zur Holperfahrt werden. Hier dürfte eine neue Asphaltdecke Wunder wirken.

Bild oben: Überbreite Autospur und schmaler Radweg am Augustusring. Eine Neuaufteilung des Straßenraums zugunsten eines ausreichend breiten Radwegs erscheint hier unproblematisch.

Bild oben: Sehr schmaler und leider teils zugeparkter Radweg am Kaiser-Karl-Ring Ecke Graurheindorfer Straße.

Vom Chlodwigplatz zur Viktoriabrücke

Vom Chlodwigplatz bis zur Viktoriabrücke existiert in beide Richtungen keine sichere Radinfrastruktur. Der Radverkehr wird auf einem Radschutzstreifen auf der Autospur geführt. Zusätzlich stehen rechts meist parkende Autos.

Sowohl auf dem Kaiser-Karl-Ring wie auch auf dem Hochstadenring ist ein Überholen eines Radfahrers durch ein Auto mit dem rechtlich vorgeschriebenen Abstand von 1,5m nicht möglich. Auf dem Kaiser-Karl-Ring kann der Autoverkehr aufgrund eines Grünstreifens nicht weit genug nach links ziehen (siehe Foto), auf dem Hochstadenring ist die Mittellinie durchgezogen und darf also nicht überfahren werden, wodurch auch hier der Autoverkehr nicht weit genug nach links ziehen kann.

Trotzdem wird man auf diesem Stück immer wieder von Autos überholt. Sicher ist das nicht. Möchte man die Veloroute 6 anpacken, muss dieses Stück sicherlich einer der zentralen Punkte für Verbesserung werden.

Denkbar wären neben der Schaffung separater Radwege durch Wegfall der Parkplätze am Straßenrand auch die Variante eines Bönnschen Boulevard, wie ihn der ADFC bereits 2021 vorgeschlagen hatte.

Bild oben: Überholen mit 1,5m Abstand ist hier nicht möglich.

Auf der Viktoriabrücke existieren seit dem Neubau vom Autoverkehr getrennte Radwege. Was noch fehlt sind Protektionselemente, damit die Trennung wirklich sicher wird und nicht nur aus einem gepinselten Strich auf der Straße besteht. Diese sind geplant, können aber erst kommen wenn die Stadtverwaltung die offenen Punkte bzgl. der Fördermittel für die neugebaute Brücke geklärt hat.

Durch die Weststadt Richtung Endenich

Hinter der Viktoriabrücke ist man erst mal etwas ratlos. Man landet auf einer großen Kreuzung mit Endenicher Straße und Wittelsbacher Ring, die weitestgehend keine Radinfrastruktur, dafür aber sehr viel Platz für Autospuren aufweist.

Unser Vorschlag führt den Radverkehr möglichst schnell von diesen großen Straßen weg. Auf dem Wittelsbacher Ring sehen wir aufgrund der vorhandenen Bäume wenig Spielraum, ohne Baumfällungen sichere Radinfrastruktur anzulegen. Die Endenicher Straße wird mit dem Bau der Westbahn irgendwann umgebaut. Dies kann allerdings noch lange dauern. Wir möchten den Radverkehr daher kurz hinter der Kreuzung in die Lisztstraße führen. Dafür müsste auf einem kurzen Stück des Wittelsbacher Rings sichere Radinfrastruktur geschaffen werden. Ausreichende Straßenbreite dürfte vorhanden sein.

Die Lisztstraße selbst ist aktuell Einbahnstraße und müsste für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben werden. Die Einrichtung einer Fahrradstraße bietet sich an.

Über die Lisztstraße gelange ich auf die Haydnstraße Richtung Endenicher Allee. Hier ist die Führung etwas seltsam, da ich über einen für den Radverkehr freigegebenen Gehweg geführt werde, auf dem ich nach Rechtslage nur Schrittgeschwindigkeit fahren darf. Hier wünsche ich mir eine bessere Verbindung der beiden Abschnitte der Haydnstraße sowie eine Anpassung der Vorfahrtsregelung, damit der Radverkehr auf dieser Hauptroute Vorrang vor dem Autoverkehr bekommt, für den diese Straße nur eine Nebenstraße ist.

Bild oben: Führung über den für den Radverkehr freigegebenen Gehweg rechts.

Von der Haydnstraße biege ich rechts in die Endenicher Allee ab. Hier finde ich zuerst Radschutzstreifen vor, neben denen zwar ausreichend Platz für den Autoverkehr ist, die aber trotzdem nicht wirklich sicher sind, da ich an parkenden Autos vorbeifahre und keine Trennung vom Autoverkehr habe.

Nach der Nussallee gibt es eigene Radwege, die allerdings sehr schmal ausfallen, wie das folgende Bild zeigt.

Hinter der Brücke über Autobahn gelange ich in eine durch Autos und Busse vielbefahrene Tempo-30-Zone, in der es keine separate Radinfrastruktur gibt. Das ist schade, aber wahrscheinlich so schnell nicht änderbar, da die Straße erst vor wenigen Jahren komplett neugemacht wurde.

An der Kreuzung mit der Alfred-Bucherer-Straße in Endenich erwatet mich dann ein besonderes Hindernis: Quer über den Radweg stehen festmontierte Absperrungen, durch die ich mich mühsam durchschlängeln muss. Für Lastenräder und Fahrräder mit Anhänger ist hier Ende. Auch unbefriedigend: Der stadteinwärts verlaufende Radweg ist die einzige der vier sich an der Kreuzung treffenden Straßen mit einem Vorfahrt-Achten-Schild. Ansonsten gilt rechts vor links. Die Straße, auf der nur Radverkehr fährt, wird hier vollständig ausgebremst. Die Kreuzung Endenicher Allee / Alfred-Bucherer-Straße sollte bei einer Planung der Veloroute 6 wahrscheinlich vollständig neu gedacht werden.

Ich kreuze die Sebastianstraße und habe dabei keine Vorfahrt, obwohl ich mich auf einer Fahrradhauptroute befinde und eine für den Autoverkehr eher unbedeutende Straße kreuze. Hier sollte die Vorfahrt zugunsten des Straßenzugs Endenicher Allee – Röckumstraße angepasst werden.

Nun lande ich in einer der bereits markierten Fahrradstraßen: der Röckumstraße. Leider ist diese weitestgehende zugeparkt (siehe folgendes Bild). Da ich hier öfter langfahre weiß ich, dass das keine Momentaufnahme, sondern Dauerzustand ist. Kontrollen auf Parkverstöße finden hier wohl leider zu selten statt.

Die Fahrradstraße Röckumstraße endet an der Kreuzung mit dem Flodelingsweg. Die Kreuzung selbst hat gar keine Fahrradinfrastruktur. Hier hätte ich mir gewünscht, dass bei der Fahrradstraßenmarkierung die Kreuzung gleich mitgedacht wird. So existiert hier aktuell eine Lücke in der Radinfrastruktur.

Durch Lengsdorf Richtung Ückesdorf und Röttgen

Es geht nun weiter unter der Autobahn durch Richtung Lengsdorf. Dort stelle ich fest: Es gibt noch gar keine Radinfrastruktur. Die von uns vorgeschlagene Route führt über „An der Ohligsmühle“, „Im Mühlenbach“ und die „Lingsgasse“. Auf all diesen Straßen muss ich im Auto- und Busverkehr mitfahren. Dies ist schwierig, weil die Ortsdurchfahrt Lengsdorf die einzig sinnvolle Radverbindung für die dahinterliegenden Stadtteile Ückesdorf und Röttgen Richtung Bonner Zentrum ist. Hier existiert definitiv eine Aufgabe, eine sichere Radverkehrsführung durch Lengsdorf zu finden und umzusetzen.

Bild oben: Keine Radinfrastruktur in Lengsdorf.

Weiter geht es nun durch die Uhlgasse. Da ich aufgrund der Steigung hier nicht sehr schnell fahre bin ich froh, auf diesem Stück durch eine für den Autoverkehr unbedeutende Nebenstraße zu fahren. Leider ist die Uhlgasse keine Fahrradstraße und durch parkende Autos sehr schmal. Hier bietet sich die Einrichtung einer Fahrradstraße an.

Bild oben: Die zugeparkte Uhlgasse könnte durch die Einrichtung einer Fahrradstraße besser befahrbar werden.

Am Ende der Uhlgasse lande ich auf der Provinzialstraße und fahre auf einem durch einen Grünstreifen vom Autoverkehr getrennten gemeinsamen Geh- und Radweg Richtung Ückesdorf. Das ist schön, wenn der Weg für einen Zweirichtungsweg auch nicht sehr breit ist. Hier sollte mittelfristig eine Verbreiterung stattfinden.

In Ückesdorf biege ich rechts in die Max-Braubach-Straße ab. Dabei geht alle Radinfrastruktur verloren. Die Fahrradstraße „Im Schmalzacker“ beginnt erst ca. 200m weiter. Auch hier erschließt sich nicht so richtig, warum bei der Einrichtung der Fahrradstraße nicht direkt der Lückenschluß bis zum Radweg an der Reichstraße mit umgesetzt wurde.

Insbesondere die Kreuzung mit der Reichsstraße sollte betrachtet werden. Ich werde auf einem sehr schmalen Radschutzstreifen über einen freilaufenden Rechtsabbieger, der dem Autoverkehr leider unnötig hohe Geschwindigkeiten erlaubt, geführt. Das ist gefährlich.

Über die schöne neue Fahrradstraße „Im Schmalzacker“ geht es weiter. Am Ende von Ückesdorf habe ich noch mal einen Fehlender-Lückenschluß-Moment. Ich muss links abbiegen, um auf der Straße „Im Schmalzacker“ zu bleiben. Die Fahrradstraßenmarkierung hört vor der Kreuzung auf und fängt dahinter wieder an. Die Kreuzung selbst wurde ausgespart. Dabei sind es doch die Knotenpunkte, die besonders gefährlich sind. Mir stellt sich die Frage, ob die Straße für den Autoverkehr wirklich große Relevanz hat oder ob hier nicht Vorfahrt so angepasst werden sollte, dass sie ein durchgehendes Fahren auf der Fahrradstraße erlaubt.

Den Rest der Strecke bis ans Ende von Röttgen fahre ich nun auf bereits neu und gut eingerichteten Fahrradstraßen (Im Schmalzacker, Herzogsfreudenweg) sowie auf einem sicher durch einen Grünstreifen vom Autoverkehr getrennten Radweg an der Reichsstraße. Am Ende von Röttgen beende ich meine Tour auf der vorgeschlagenen Veloroute 6.

Fazit: Licht und Schatten

Die Veloroute hat das Potential, gleich mehrere Stadtteile (Röttgen, Ückesdorf, Lengsdorf – durch einen Abzweig vielleicht auch den Brüser Berg) an das Bonner Stadtzentrum anzubinden. Die größte Schwachstelle dabei ist wohl aktuell die Ortsdurchfahrt durch Lengsdorf, bei der es komplett an Radinfrastruktur fehlt. Auch in Endenich gibt es ein paar Stellen, die ein Vorankommen behindern. In Ückesdorf gibt es ein paar fehlende Lückenschlüsse.

Der Bereich südlich der Viktoriabrücke ist für den Radverkehr aktuell ein großes Fragezeichen und muss wahrscheinlich völlig neugeplant werden. Habe ich es über die Brücke geschafft, lande ich auf den Ringen und werde ständig viel zu eng vom Autoverkehr überholt. Auch hier muss eine Änderung der Infrastruktur erfolgen.

Die Veloroute bietet aktuell Licht und Schatten. Man sieht, dass die bereits umgesetzten Fahrradstraßen nicht nur einzelne Maßnahmen ohne größeren Zusammenhang sind, sondern sich durchaus zu einer sinnvollen Radroute zusammenfügen lassen. Was dafür fehlt, sind allerdings Lückenschlüsse und insbesondere die Betrachtung der Kreuzungen.

Ich glaube, dass die Planung ganzer durchgängiger Routen viel mehr Verständnis in der Bevölkerung erzeugen kann als die Umsetzung einzelner Teilmaßnahmen ohne Perspektive für eine ganze durchgängige Route. Außerdem wird dadurch echter Mehrwert für den Radverkehr geschaffen. Aktuell ist die von uns vorgeschlagene Veloroute 6 auf entscheidenden Teilstücken leider recht gefährlich.

3 Kommentare

  • N.N. sagt:

    Hallo ihr Lieben,

    könntet ihr bei den Karten aus OpenStreetMap noch die Copyright-Notiz beifügen, wie es die freie Lizenz zwingend vorsieht?
    https://www.openstreetmap.org/copyright/de

    Ferner auch den Datenschutzhinweis korrekt verlinken auf:
    https://www.radentscheid-bonn.de/datenschutzerklaerung/
    also NICHT:
    https://www.radentscheid-bonn.de/datenschutz

    Weiterhin viel Erfolg!
    N.N.

  • Cornelius sagt:

    Ja der Abschnitt auf dem Kaiser-Karl-Ring und Hochstadenring ist wirklich schrecklich. Hier hat man immer die Entscheidung, ob man genau in der Dooring Zone fahren möchte oder mit 10cm Abstand überholt wird. Der Platz für gute Radinfrastruktur wäre ja grundsätzlich auch da, aber dafür müssten halt einige Parkplätze entfernt werden. Die Umgestaltung der Viktoriabrücke ist meiner Meinung nach schon gut gelungen, wobei eine bauliche Trennung das ganze natürlich nochmal deutlich verbessern würde. Ich hoffe sehr, dass die Bezirksregierung die neue Aufteilung akzeptiert und hier keine Fördergelder verloren gehen.

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