Seit einigen Wochen gibt es Diskussionen um den Neubau der Nordbrücke (Friedrich-Ebert-Brücke) in Bonn. Die Brücke ist sanierungsbedürftig und soll daher neu gebaut und in diesem Zuge auf mehr Autospuren für die A565 verbreitert werden. Die Bonner Stadtverwaltung hat eine Stellungnahme erarbeitet, die die Verbreiterung ablehnt. Diese Stellungnahme soll in der Sitzung des Bonner Stadtrats am 04.09.2025 beschlossen werden (Link zur Vorlage im Bonner Ratsinformationssystem).
Auch wir sehen die von der Autobahn GmbH geplante deutliche Verbreiterung der Autobahn kritisch. Mehr Autoinfrastruktur zieht mehr Autoverkehr an und konterkariert das Ziel einer Verkehrswende. Trotzdem gibt es aus Radentscheid-Sicht in der Ratsvorlage etwas Interessantes: Die Stadtverwaltung schlägt verbesserte Radwege an einer neuen Nordbrücke vor. Das ist gut! Schauen wir uns die Ideen näher an.
Westlich weiter zur Anbindung der Innenstadt
Die Stadtverwaltung diskutiert in der Ratsvorlage unterschiedliche Varianten für eine Radverkehrsführung. Allen gemein ist: Der Radweg soll breiter und möglichst getrennt vom Fußverkehr geführt werden, um Konflikte zu vermeiden. Das finde ich gut.
Auch gut: Es wird direkt eine Verlängerung des Radwegs auf westlicher Seite der Brücke vorgeschlagen. Bisher endet der Radweg an einer Spindel, die auf die Karl-Legien-Straße hinabführt. Weiter entlang der Autobahn kann man als Radfahrer nicht fahren. Die Verwaltung schlägt vor, den Radweg auch weiter entlang der Autobahn und entlang der Autobahnabfahrt Auerberg bis hinunter zur Graurheindorfer Straße zu führen. Dadurch ergeben sich ganz neue Möglichkeiten zur Anbindung an die Innenstadt und weiterer Stadtteile.
Die folgende Grafik stellt alle in diesem Post diskutierten Aspekte der Radverkehrsführung an der Nordbrücke dar. In Grün ist der Radweg entlang der Nordbrücke selbst und dann westlich weiter bis zur Graurheindorfer Straße eingezeichnet.

(Kartenmaterial von Openstreetmap unter Creative-Commons-Lizenz)
Nicht in den Überlegungen der Stadt enthalten, aber aus meiner Sicht sinnvoll: Nach Überquerung der Graurheindorfer Straße könnte ein Radweg weiter neben dem Tausendfüssler entlang bis zur Mondorfer Straße führen. Die Mondorfer Straße ist eine ruhige Seitenstraße parallel zum Rheindorfer Bach. Über sie könnte der Radverkehr weiter bis zur Kölnstraße geführt werden (Darstellung in türkis in der obigen Grafik).
So würde für Radfahrer, die über die Nordbrücke in die Stadt fahren, eine fast vom Autoverkehr getrennte Route bis fast in die Altstadt und dann weiter in die Innenstadt entstehen. Auch das Heinrich-Hertz-Europakolleg, das Robert-Wetzlar-Berufskolleg, das Ludwig-Erhard-Berufskolleg sowie die Rheinischen Kliniken und der Sportpark Nord erhielten so eine direkte und gute Radverbindung aus dem Rechtsrheinischen.
Rechtsrheinisch große Chance auf Direktverbindung nach Sankt Augustin und Siegburg
Überraschend finde ich, dass die Ratsvorlage nicht die Chancen am rechtsrheinischen Ende der Nordbrücke ausführt. Dort besteht seit Jahrzehnten die unglückliche Situation, dass der Radverkehr von der Nordbrücke kommend über enge Kurven zur Kreuzung Niederkasseler Straße – Abfahrt Autobahn – L 16 geführt wird (rot gestrichelt in der obigen Grafik). An der Kreuzung kann man umständlich über zwei Ampelphasen links abbiegen, um dann hinter der Autobahnbrücke rechts auf den gut mit dem Rad befahrbaren Damm in Richtung Sankt Augustin und Siegburg zu fahren (in der Grafik blau markiert).

Die für den Radverkehr umständliche Kreuzung an der Niederkasseler Straße
Diese Route wird bereits jetzt von vielen Radfahrern genommen, ist aber aufgrund der umständlichen und mit viel Wartezeit versehenen Führung über die angesprochene Kreuzung eigentlich unattraktiv – aber aktuell alternativlos.
Bereits in der Vergangenheit mehrfach diskutiert wurde eine direktere Führung entlang der nördlichen Seite der Autobahn und dann direkt auf den Damm. Dies ist besonders naheliegend, da unter der Niederkasseler Straße bereits jetzt eine Unterführung, die direkt auf den Damm führt, existiert. So würde der Radverkehr komplett ohne Querung einer Autostraße geführt. Diese mögliche Führung ist in der Grafik in lila eingezeichnet.

Die existierende Unterführung unter der Niederkasseler Straße
Bisher wurde diese Führung immer abgelehnt, da sich nördlich direkt an die Autobahn ein Naturschutzgebiet anschließt. Obwohl dort eine breite Autobahn verläuft waren drei Meter Asphalt für einen Radweg anscheinend nicht denkbar.
Im Zuge des Neubaus der Nordbrücke gäbe es sowieso größere Eingriffe in das Naturschutzgebiet. Außerdem soll die Brücke laut aktuellen Plänen ein Stück weiter südlich neugebaut werden. Diese Chance sollte man nutzen, um diese neue Radverkehrsführung umzusetzen.
Getrennt vom Autoverkehr bis fast in die Innenstadt
Insgesamt ergäbe sich so eine gute und sichere Radverbindung, die vom Damm aus Siegburg und Sankt Augustin kommend fast völlig getrennt vom Autoverkehr bis fast in die Innenstadt führt. Lediglich die Graurheindorfer Straße an der Autobahnabfahrt müsste überquert werden. Eventuell ist dort ja sogar noch eine Brücke über die Straße denkbar.
Ich denke, man sollte – wie hier aufgezeigt – noch größer denken als die Stadt in ihrer Ratsvorlage. Die Ratsvorlage betrachtet lediglich den in der Grafik grün markierten Abschnitt (Nordbrücke selbst bis Graurheindorfer Straße). Durch relativ einfache Maßnahmen ließe sich eine deutlich längere und bis nach Sankt Augustin und Siegburg reichende Radverbindung erreichen.
Langer Zeithorizont
Eins ist klar: So toll eine solche Radverbindung aussieht – es handelt sich um ein langfristiges Projekt. Der Neubau der Nordbrücke ist wohl frühestens in zehn Jahren zu erwarten. Insofern stellen die hier im Post angestellten Überlegungen keine Alternative zum von Radentscheid und ADFC vorgestellten Konzept der 10 Velorouten dar.
Die 10 Velorouten haben wir erarbeitet, um aufzuzeigen, wo mit relativ einfachen Mitteln kurz- und mittelfristig gute und durchgehende Radverbindungen entstehen können. Die hier vorgestellte Radverbindung über eine neugebaute Nordbrücke kann die 10 Velorouten in der Zukunft ergänzen.
Radschnellweg weiter entlang des Tausendfüsslers
Eine weitere Idee, die von der Stadt Bonn favorisiert wird, ist die Weiterführung des Radwegs entlang der A565 auch über die Graurheindorfer Straße hinaus. Auf dem Tausendfüssler könnte der Radweg entlang der Autobahn bis ans Endenicher Ei geführt werden. So würde eine direkte Radschnellverbindung aus dem Rechtsrheinischen zum Uni-Campus Endenich, zum Uni-Campus Poppelsdorf sowie den umliegenden Stadtvierteln und Arbeitgebern erreicht. Leider stellt sich die Autobahn GmbH bei dieser Idee bisher quer.
Die folgende Grafik zeigt den möglichen Verlauf dieses Radschnellwegs:

(Kartenmaterial von Openstreetmap unter Creative-Commons-Lizenz)
Dass ein guter Radweg entlang einer Autobahn machbar ist, kann man übrigens nicht allzu weit von hier live und in Farbe besichtigten: In Maastricht wurde entlang der Noorderbrug und auf beiden Flußseiten weiter ein vergleichbarer Radschnellweg entlang einer Schnellstraße bereits umgesetzt. In einem anderen Artikel schrieb ich bereits einmal darüber. Auf Google Maps lässt sich der Verlauf des Radwegs entlang der Schnellstraße und auch eine Lösung zum Bau einer Autobahnabfahrt trotz parallel verlaufendem Radweg gut anschauen.

Radschnellweg entlang einer Schnellstraße in Maastricht auf der Noorderbrug
Fazit: Viele gute Ideen, langfristige Umsetzung
Ich freue mich, dass die Stadt Bonn beim Neubau von Autobahnen auch andere Verkehrsträger mitdenkt. Es ist gut, dass die Stadt sich in diese Richtung engagiert und die Bedürfnisse einer Stadt, die von einer Autobahn zerschnitten wird, formuliert.
Ob das alles von Erfolg gekrönt sein kann und an einer neuen Nordbrücke wirklich auch gute Radinfrastruktur entsteht, steht leider ein bisschen in den Sternen, da die Stadt hier auf die Mitarbeit der Autobahn GmbH angewiesen ist. Diese ist rein auf Autoinfrastruktur fokussiert. Ich habe das Gefühl, zur Erreichung einer Lösung für alle Verkehrsmittel wäre Mithilfe auf Bundesebene, z.B. durch Umgestaltung der Autobahn GmbH zu einer Behörde für integrierte Verkehrsplanung für alle Verkehrsmittel, notwendig. Aber ich bleibe optimistisch: Vielleicht können wir ja wirklich eines Tages vom Rechtsrheinischen bequem, schnell und getrennt vom Autoverkehr bis in die Altstadt, nach Endenich und Poppelsdorf radeln.
geschrieben von Martin P.
2 Kommentare
Irgendwie fehlt mir die Betrachtung in dem Artikel, was die Leute machen sollen, die die Brücke nutzen um von Beuel aus den Rhein zu überqueren und dann am Rhein entlang zu fahren. Sollte es da nicht weiter eine Verbindung geben ähnlich der Spindel, die fällt ja weg wenn ich das richtig interpretiere.
Hallo Christian,
zu der Spindel steht in den Ausführungen der Stadtverwaltung nicht so richtig was drin. Aus meiner Sicht sollte die nicht wegfallen – aus genau dem Grund, den du nennst. Es sollte ja möglich sein, den Radweg weiter Richtung Graurheindorfer Straße zu führen und trotzdem daneben eine Spindel zu haben.
Gruß,
Martin (der Autor dieses Artikels)